Donnerstag, 10. Dezember 2009

Kapitel 3 - Teil 3: Salvador da Bahia

Wenn man sich einmal zwei Wochen Urlaub nehmen moechte vom stressigen deutschen Alltag, dabei noch ununterbrochen 35 Grad geniessen und etwas Neues erleben will, dann kann man scheinbar getrost in Salvador unterkommen. Aber sein Leben dort verbringen? Heute zaehlt die Metropole, von der man als Tourist meist kaum mehr als 1% der Oertlichkeiten zu sehen bekommt, knapp drei Millionen Einwohner, von denen ein sehr grosser Teil in einer der 99 Favelas beheimatet sind.
Aber wollen wir diese Mega-Stadt nicht voreilig beurteilen, sondern erst einmal etwas genauer und von mehreren Seiten unter die Lupe nehmen.

Zunaechst muss man sich vor Augen halten, dass in jedem Brasilien-Reisefuehrer Salvador und vor allem das historische Altstadtviertel - “Pelourinho” – nicht fehlen duerfen. Im Gegenteil: abgesehen vom Zuckerhut und der Jesusstatur in Rio de Janeiro ist es wohl der am meisten angepriesene Ort dieses riesigen Landes. Dass sich Unmengen an Touristen jede Woche durch die engen Gassen draengen, hat sich auch unter den Einheimischen bis in den letzten Winkel Brasiliens durchgesprochen.

So werfen wir uns also in Touristenschale und schlendern im Ottonormaloutfit - Gomez-Trikot, Adiletten und Badehose – durch die historische Altstadt Salvadors.
Als interessierter Deutscher habe ich mich natuerlich vorher gruendlich informiert ueber dieses Viertel: Zur Zeit des Atlantischen Dreieckhandels (ca. 1680-1888) wurden unzaehlige Sklaven aus Westafrika nach Brasilien verschleppt, die auf den Reis-, Kakao-, Baumwoll -und Zuckerrohrplantagen der Nordoststaaten die agrikulturelle Wachstumsgrundlage fuer das expandierende und sich industrialisierende Europa legten. Die geographische Lage der Allerheiligenbucht, als einer der am naechsten an der westafrikanischen Kueste liegenden Punkte Suedamerikas, sowie schier endlose ungenutzte Landflaechen im Hinterland Bahias, trugen dazu bei, dass sich ein profitables, fast ausschliesslich auf Sklavenarbeit gestuetztes Kolonialreich unter der portugiesischen Krone etablieren konnte. Und Salvador wurde so zum Eintrittstor und Handelszentrum fuer dieses ausbeuterische und unmenschliche Treiben des fruehen Brasiliens.
Oberhalb von einer Steilkueste gelegen und mit wundervollem Blick auf die „Baia dos Todos-os-Santos“ ausgestattet, enstand langsam diese Stadt mit den vielen, reich mit Gold verzierten Kirchen und dem Aufzug, der zur Hafenstadt und zum Sklavenmarkt hinabfuehrt. Bis 1763 war das damals hauptsaechlich auf das Pelourinho begrenzte Salvador sogar Hauptstadt der brasilianischen Kolonie.
Nachdem das moerderische Geschaeft erst 1888 – also sehr spaet – sein Ende genommen hatte, setzte ein breiter kultureller Wiederfindungsprozess bei der nun befreiten afrikanisch-abstaemmigen Bevoelkerungsmehrheit in Bahia ein, denn zur Sklavenzeit waren Religionsausuebungen, Gebrauch der afrikanischen Muttersprache und Gesang natuerlich verboten. Dies hatte zum Verlust einer Jahrtausende alten Kultur gefuehrt. So entwickelte sich in der Fruehphase des 20. Jahrhunderts nun mehr eine Mischkultur aus verschiedensten abendlaendischen und afrikanischen Einfluessen. Angefangen vom Capoeira, ehemals eine Verteidigungskampftechnik im Sklavenkrieg, ueber die afro-brasilianischen Trommelmusikstile bis zu den vreschiedenen Mischreligionen - vieles ist auch heute noch auf den Pflastersteingassen zwischen den engen Haeusern des Pelourinhos quicklebendig!
Dass diese kleine, bunte und verwinkelte Altstadt heute DAS Kulturzentrum Nordostbrasiliens ist, ist lustigerweise aber gar nicht so selbstverstaendlich. Bis in die Neunzigerjahre war das Viertel schrittweise immer weiter zu einer Favela verkommen – viele drogenabhaengige Bewohner, organisierte Kriminalitaet und verfallene Haeuser liessen keine Moeglichkeit zu, das „Pelô“ fuer Auslaender und die 99% der friedlebenden Brasilianer attraktiv zu machen. Dann nahmen sich die UNESCO und der Staat ein Herz und machten gemeinsam eine ordentliche Grundrenovierung der heruntergekommenen Strassen, Plaetze und Kirchen. Das Mietniveau stieg wieder und viele ehemalige Bewohner des Problemviertels Pelourinho zog es daraufhin in billige Siedlungen am Stadtrand, in die Unruhebezirke von Heute. Oberflaechlich wurden die Probleme also geloest, in Wirklichkeit aber nur ausgelagert.

Wer nun einmal das angepriesene Pelourinhogefuehl von Heute aus der Distanz zu fassen bekommen moechte, kann sich das super Musikvideo zu „They don`t care about us“ von Michael Jackson mit der Afrotrommelgruppe „Olodum“ ansehen, welches die Altstadt in all ihren (mit Computer bearbeiteten) Farben vibrieren laesst. Ein Werbekatalog Salvadors koennte genau diese Seiten nicht besser aufzeigen.

So, nun aber genug Geschwaetz, man will ja schliesslich hautnah die Pelô-Atmospaehre erleben. Tauchen wir also ein in diese etwas andere Welt. Ueber den kleinen Busbahnhof im Hafenviertel der Unterstadt und den bereits erwaehnten fast 150 Jahre alten Aufzug „Elevador Lacerda“ schummeln wir uns rein und spazieren sogleich durch das bunte Vergnuegen. Begruesst wird man sofort von einer Vielzahl an Musikrichtungen, die sich je nach genauem Standort vermischen koennen, da sich oft z.B. Bob Marley-Klaenge ins eine und liebesgesuelzte "Arrosha"-Rythmen ins andere Ohr verirren und eine gemeinsame, mitunter schaeusslich dissonante Kombination ergeben. Die Musikreviere sind offensichtlich, wie auch schon oft in Brasilien festgestellt, sehr nah beieinander markiert.
Im Pelourinho reiht sich ein Souvenirladen an den anderen (die Souvenirs hier sind super!), zusaetzlich gibt es auch viele Bierstaende, Acarajé (das – weit hergeholt - fettige bahianische Doenerpendant) und Popcorn an jeder Ecke. So wird man staendig von einer herben, scharf-wuerzigen Duftwolke umhaucht, solange man sich nicht in eine der nach Urin stinkenden Seitenstrassen verirrt.

Als ob diese Fuelle an Sinneseindrucken nicht schon genug waere, laufen dem leider nicht unauffaelligen, mit der Digitalkamera herumstolzierenden Deutschen staendig Menschen ueber den Weg, die einem, zunaechst kostenlos, Stoffbaendchen mit „tollen“ Spruechen ums Handgelenk binden wollen. Ein kleiner Smalltalk, „where are you from?...“, eine (ueber)nette brasilianische Begruessung und schon geht es ans Eigentliche. Denn nun wird man angefluestert und auf das reichhaltige Drogensortiment des doch so unscheinbaren Stoffbaendchenumbinders aufmerksam gemacht. Von Haschisch bis Crack ist alles im Sonderangebot. Wenn man dem Gegenueber dann zu verstehen gibt, dass man ungluecklicherweise eine truebe Nichtraucher- bzw. Nichtschnupferexistenz fuehrt, wundert der sich ziemlich. Allerdings bietet er einem dann freundlich an, ihm trotzdem Geld zu schenken. Nein, da hat er Pech gehabt. Ein „filho da puta“ muss man dann ueber sich ergehen lassen, das uebersetze ich aber lieber nicht fuer die Allgemeinheit. Laufen wir also unberuehrt weiter, an alten, verschachtelten Haeusern, (mittelmaessigen) Capoeiragruppen bis zu einem kleinen Plaetzchen.

Hier bietet sich dem Europaeer ein herrlicher, romantischer Ausblick. Denn die Sonne senkt sich im Westen hinter den Inseln der Allerheiligenbucht. Sie faerbt den Himmel rot und genauso die Daecher der Unterstadt mit ihrem kleinen Hafen vor der Steilkueste, an deren oberen Kante man sich befindet. Waeren da nicht die zwei aeusserst aufdringlichen Kinder, die einem die schoene Stimmung nach zwei Minuten sofort wieder vermiesen wuerden. Mit dreckigen Kleidern und schmerzverzerrtem Gesicht betteln sie um Geld fuer ein Essen. Ironischerweise nehmen sie die gerade frisch gekauften Acarajés nicht an. Ist da wohl jemand doch nicht hungrig? Die selben Kinder wird man in den Abendstunden an einer anderen Ecke des Pelourinhos wieder finden – (Crack) rauchend und trinkend und das mit geschaetzten zwoelf Jahren. Auch nach der x-ten Verneinung zum Thema „nur einen einzigen Real“ machen die Kids nicht locker und auch die vorbeilaufenden zwei Polizisten scheinen den Tourist wahrnehmend nicht wahrzunehmen, der sich mittlerweile durchaus belaestigt fuehlt. Also bleibt einem nur, diesen eigentlich sehr schoenen Platz zu verlassen und die Kinder abzuschuetteln. Stress!

Mir ist in meinen fuenf Monaten, die ich hier mittlerweile verbracht habe, keine Gegend in Brasilien so zwielichtig vorgekommen, wie eben das Herzstueck Salvadors. Es ist eigentlich unmoeglich, als hellhaeutiger Deutscher einen ganz normalen Spaziergang durch das Pelourinho zu unternehmen.
Taschen- und Handtaschendiebstaehle kommen sehr haeufig vor und wenn man so richtig Lust bekommt, einmal ordentlich ueberfallen zu werden, dann nimmt man wohl einfach nachts eine der kleinen, unbeleuchteten und ummauerten steilen Strassen abwaerts zum Hafenviertel. Als Heidelberger kann man sich das in etwa so vorstellen wie eine Vielzahl von „Schlangenwegen“ vom Philosophenweg zur Alten Bruecke. Nur eben ohne Garantie, heil am anderen Ende anzukommen. Auf diese Weise kann man sich die umgerechnet 0,07 Euro sparen, die der Fahrstuhl, der direkt zum Busbahnhof hinabfuehrt, kostet. Auf diese Treppenwege wird z.T. sogar mit kleinen Warnhinweisen und halben „Trennbarrieren“ aus Pressspanplatten hingewiesen, damit Touristen wie der nichts ahnende Gomez–Verschnitt nicht in die Falle tappen.

Also dann doch lieber noch ein bisschen oben bleiben im Pelourinho, ueber dem es mittlerweile Nacht geworden ist. An manchen Tagen wacht das Viertel nun erst richtig auf. Es geht zum „Praça José de Alencar”, dem steil-abfallenden Platz im bereits angesprochenen Michael Jackson Video. Dort finden oft Konzerte, Theatershows oder sonstige kulturelle Veranstaltungen statt. Bereits zwei Mal durfte ich in den Genuss kommen, der etwa 50 Mann + Saenger starken Afrotrommelgruppe “Olodum” zuhoeren zu duerfen. Unbeschreiblich gut ist das. Der ganze Koerper vibriert unter den Rythmen, waehrend gleichzeitg der Platz und die aufgewuelte Menge wiederhallt. Ein Konzert wurde sogar im Regen gebadet, doch die feierwuetigen Brasilianer stoerte das nicht und kurzerhand entschloss sich die Menge zum “eins, zwei, drei – Oberkoerper frei”. Und nicht nur die Maenner! Bei so viel nassem Spass, Bier und Hormonen in der Luft dauert es dann leider erfahrungsgemaess auch nicht lange, bis die ersten Schlaegereien in der Menge ausbrechen. Abgesehen von der nun regelmaessig unterbrochenen Musik durch die Band, kann nur ein grosses Polizeiaufgebot inmitten der Tanzwuetigen Schlimmeres verhindern.
Doch als dann vier Polizisten mit Schlagstoecken, Stiefeltritten, Ohrfeigen und Schlaegen auf die Brust einer einzigen Frau direkt vor meinen Augen die Spitze der Gewaltpyramide auszuloten begannen, war es an der Zeit zu gehen. 8 Uhr abends. Nun habe ich viel erlebt, was mir doch nach zu denken gibt.

Es ist wohl wie so oft in Brasilien: Gewalt, Armut und traurige Ernuechterung sind direkte Nachbarn von Lebenslust, Optimismus, Warmherzigkeit und Glueck.
Aber wie schon oben zu Beginn angekuendigt: das Pelourinho mit seinen zwei Dutzend Strassen macht einen verschwindend geringen Prozentteil der umgebenden Millionenstadt Salvador aus. Es waere irgendwie nicht gerecht, an dieser Stelle des Berichts aufzuhoeren. Schliesslich habe ich das Glueck, schon viele andere Orte kennengelernt zu haben, die es verdienen, erwaehnt zu werden.

Da waeren vor allem die unzaehligen Straende zu nennen. Salvador hat in dieser Hinsicht wohl eine der besten Lagen der Welt. Als Halbinsel in den Atlantik eintauchend, gibt es zwei zum Teil traumhafte, riesige sandige Kuestenlinien, welche an der Spitze Salvadors, dem Leuchtturm von Barra, zusammenlaufen. Die sich gen Westen oeffnende Allerheiligenbucht bietet ausserdem eine Vielzahl von ruhigeren Inselparadiesen, auf denen man ein gemuetliches Wochenende verbringen kann. Mit einem kleinen Schiffchen auf eine dieser Inseln umzusiedeln, das ist vergleichbar guenstig und geht schnell. ”Mir nichts, dir nichts” hat man die laute Grossstadt hinter sich gelassen und landet in einer gemuetlichen, seichten Bucht, in der nur vereinzelt Capoeira-Krieger den Sand aufwirbeln, oder die reicheren Brasilianer ihre dicken (ja, es ist klischeehaft!) Baeuche braeunen. Einen Ausflug auf die Halbinsel “Itaparica” ist jedem Salvadorurlauber zu empfehlen, die Fruechte auf den schnuckligen Booten sind sogar inklusive. Ausserdem besteht seit Kurzem das, meiner Meinung nach groessenwahnsinnige, Projekt der Landesregierung, in naher Zukunft eine Bruecke von Salvador nach Itaparica zu bauen - also einmal quer durch die Allerheiligenbucht – und das wird mit dem vermehrten Verkehrsaufkommen auch diese verbliebene Idylle eines Tages zerstoeren.

Kleine Anmerkung am Rande: anstatt Steuergelder fuer ein funktionierendes Schulsystem oder ordentliche Polizeischulen auszugeben, wird hier in ein Megaprojekt investiert, dass sich Kant im Grabe umdrehen wuerde. Wer weiss, ob der Aufsichtsrat der Baufirma nicht zufaellig im Parlament sitzt? Nun gut, jedenfalls kostet die wirklich sehr erholsame Tagesrundreise durch die Allerheiligenbucht im Moment 15 Euro pro Person – meine klare Empfehlung!

Zu Salvador selbst kann man keinen pauschalen Kommentar zum Badevergnuegen abgeben. Ganze 29 Stadtteile (!) grenzen an die Meereskueste. Manche Abschnitte sind mehr und manche weniger schoen. Oft fuehrt beispielsweise eine grosse, laute Verkehrsader direkt hinter dem sandigen Erholungsstreifen vorbei oder eine der stinkenden Kloaken bahnt sich ihren Weg ungeklaert ins Meer. Vorsicht muss man wohl an allen Straenden dieser Grossstadt beim Thema Wertsachen walten lassen! Es gibt genuegend “Capitães de areia” - zu Deutsch: Strandkapitaene -, also Kinder und Jugendliche, deren Lieblingssport es ist, den ahnungslosen Schwimmern Uhren, Geld und Kameras zu stehlen. Eine kleine Empfehlung guter Straende kann ich aber geben: Im Nordosten Salvadors, also in der Naehe des Flughafens, gibt es einige kokospalmengesaeumte Paradieslein mit schoenen Wellen und herumlaufenden Eis -und Sonnenbrillenverkaeufern. Diese Straende mit den Namen “Stella Maris”, “Vilas de Atlântico” oder “Praia do Flamengo” kommen zwar nicht ganz an jene weiter noerdlich ausserhalb der Metropole heran, bieten aber dennoch auf jeden Fall ein schoenes Karibikfeeling.
Was hat Salvador noch zu bieten? Man koennte noch eine poetische Rundreise durch die etwa fuenf Riesenshoppingcenter unternehmen, aber langweilen kann man sich auch anderswo.

Abschliessen moechte ich noch mit einer letzten lustigen Geschichte zum Thema "Salvador und seine Metro".
Das oeffentliche Verkersnetz ist bisher nur mit alten, lauten, stinkenden, kaputten Bussen ausgestattet, die ohne Fahrplan und Fahrzeiten quer durch die Stadt rasen. “Das soll sich aendern” verkuendete im Jahr 1999 der Stadtrat von Salvador.
Die Einwohner waren entzueckt ueber die wunderschoenen Bauentwuerfe einer S-Bahn in den Zeitungen, welche sich geradezu futuristisch zwischen den Daechern der vielen Hauchhaeuser durchschlaengelt und der unseeligen Verkehrslage Einhalt gebietet. Die Realisierung dieses Bauvorhabens sollte teilweise schon 2003 ihren Abschluss finden, aber irgendwie lief da wohl was schief. Anstatt in einem Rutsch die zwei Metrolinien komplett fertig zu stellen, entschied man sich zu einer Loesung mit Ratenzahlungen an die zustaendigen Baufirmen und damit verbundenen Teilabschnittsbaustellen. Der Finanzierungsausschuss der Stadt muss sich dabei aber maechig verzettelt haben. Denn das Geld fuer die Raten wurde bald schon sehr knapp.
So stand man dann am Anfang des neuen Jahrzehnts recht hilflos da. Einerseits waren kleinere Stueckchen der oberirdisch verlegten Gleiskonstruktion schon fertig gestellt, aber der Ausblick auf eine bald funktionierende Metro war erstmal dahin. Die erwarteten Laengen der Strecken wurden korrigiert - naemlich verkuerzt. Und dennoch zog sich der Bauprozess mit seinen staendigen Unterbrechungen immer weiter in die Laenge und hat auch heute noch kein Ende gefunden, nachdem die Eroeffnung Jahr fuer Jahr vertagt wurde. Ein Paradebeispiel schlampiger Planung. Jetzt beginnen bereits langsam manche Abschnitte, welche zu erst gebaut wurden, unbrauchbar zu werden. Den Witterungseinfluessen waren sie ueber die letzten zehn Jahre nicht gewachsen und auch um die Instandhaltung hatte man sich nicht grob fahrlaessig nicht gekuemmert. 30.000 Euro (80.000 Reais) muss die Stadtverwaltung monatlich ausserdem fuer die Miete der ungenuetzten Zuege aufbringen, die – naechster Planungsfehler – frueh gekauft wurden und jetzt nicht eingesetzt werden koennen. Eine Stadt hat sich bei ihrem Vorhaben offensichtlich ziemlich uebernommen.

Wer dazu mehr erfahren moechte, spricht am Besten einen Taxifahrer in Salvador zu diesem Thema an. Erfahrungsgemaess erhaelt man auf die Frage, was jener von der Verschleuderung seiner Steuern haelt, naemlich ein lautes “Meu Deus”, “Ave Maria” oder einfach nur ein schmunzliges Laecheln mit Ackselzucken. Heute, die Metro ist immer noch nicht fertig, darf sich der in Salvador lebende Brasilianer ja ausserdem auf eine neue Goldengatebridge nach Itaparica freuen! Ich komme dann mal so gegen 2020 wieder.

Bleibt also noch ein Fazit zu ziehen: Salvador ist eine Riesenmetropole, die schneller gewachsen ist, als sie wachsen durfte. Das historische Pelourinho und einige ueber den Rest der Stadt verteilte Kirchen, sowie die vielen schoenen Straende sind die Highlights. Es gibt Menschen, die schaffen es, sich ansonsten nicht nur durch den Laerm, die Gestankswolken, die offenkundige Armut vieler Stadtbezirke, die Hektik und die stellenabhaengige Gefahr aus der Urlaubslaune bringen zu lassen. Da muss jeder selbst wissen, wie belastbar er ist. Ich habe fuer mich persoenlich festgestellt, dass mir diese molochige Grossstadt zusetzt und mein Rythmus ein anderer ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich dort eben fast nie die ferienreife Mario Gomez–Touristenrolle eingenommen habe und von Anfang an auch die Schattenseiten der Stadt kennen lernen musste, die oft verdraengt werden.
Heidelberg hat fuer mich gewonnen.

Teil 1 - Einblicke ins Gesundheitssystem
Teil 2 - Palmares, ein Dorf wehrt sich
Teil 3 - Salvador da Bahia
Teil 4 - Die christliche Kirche in Brasilien - ein Segen?

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